14. April - Abbruch bei T minus 1 Stunde
15.04.2014 -
Heute sollte es nach Wochen soweit sein: Um 16.58 Uhr ist der Start von SpaceX CRS-3 geplant. Wir wurden von NASA eingeladen, den Launch von einer Dachterasse auf dem Gelände des Kennedy Space Centers zu beobachten. Mit etwa 400 anderen geladenen Gästen und schmucken VIP-Pässen finden wir uns dort 2 Stunden vor Start ein. Es werden mitreissende Reden von SpaceX und NASA gehalten, die den zukunftsorientierten und wissenschaftsfördernden Charakter der Mission betonen. Schliesslich sind über 50 wissenschaftliche Nutzlasten an Bord der Dragon-Kapsel.
Dann wurde die Nationalhymne der USA gesungen, der Countdown stand bei knapp 55 Minuten, und plötzlich war alles mit einem Schlag vorbei: Abbruch. Der Grund ist ein Helium-Leck an der ersten Antriebsstufe der Falcon-9. Es wird frühestens am 18. April, also in 4 Tagen, wieder ein Startversuch gewagt. Wir können es kaum glauben. So kurz vor dem Start ein Abbruch. Für uns eine extrem schwierige, eigentlich fatale Situation. Denn unsere Zellen sind bereits steril in Hardware in der Dragon-Kapsel eingebaut, eine erneute Integration wüde eine komplette Erneuerung und Sterilisation der Hardware erfordern, wochenlange Arbeit. Auch tickt die "biologische Uhr" unserer Zellen.
Es stellt sich aber innerhalb der nächsten Stunden heraus, dass wir die Proben vor dem nächsten Startversuch für ca. 24 Stunden wieder ins Labor bekommen können. Das gibt uns Hoffnung und wir suchen sofort nach unkonventionellen Lösungen: Wir treffen uns mit Airbus-DS im Labor und überlegen uns, was wir aus dieser "worst case"-Situation retten können. Wir entwickeln einen Plan, um die Zellen über den Zeitraum von mindestens 4 Tagen, die durch die Verschiebung nun überbrückt werden müssen, in gutem Zustand zu halten. Wir wollen das Medium der Zellen in der Hardware austauschen, ohne die Hardware zu öffnen und damit ein Kontaminationsrisiko einzugehen. Dazu wird Airbus DS einen Zugang zum Zellkompartiment freilegen, der es erlaubt das Medium komplett und zügig, und zwar ohne Öffnung der sterilen Zellkompartimente, auszutauschen. Eine Art "chirurgische Operation" an der Hardware.
Die Prozedur wird geplant und soll morgen zuerst an einem Testmodul auf Durchführbarkeit geprüft werden. Morgen Abend werden wir also wissen, ob es funktionieren kann. Am Mittwoch bekommen wir dann unsere Hardware aus der Dragon-Kapsel wieder und nehmen dann dort den Mediumswechsel vor. Der nächte Startversuch ist momentan am 18. April geplant. Morgen wird das Helium-Leck an der ersten Stufe der Rakete analysiert und dann wird eine Entscheidung darüber erwartet, ob das Problem überhaupt bis zum 18. April behoben werden kann, oder ob der Start noch weiter nach hinten verschoben werden muss. Dann käme nur noch der 22. April in Frage. Dann ist Schluss und das gesamte System müsste überarbeitet werden, der Start würde in weite Ferne rücken.